Ab und zu ein Plateau zu erreichen, ist völlig normal. Geht es aber gar nicht mehr aufwärts, gibt es ein paar Schrauben, an denen man drehen kann. Unabhängig von körperlichen Proportionen und individuellen Hebelverhältnissen kann es mit genug Übung jeder schaffen, solide zu beugen. Im Folgenden stelle ich einige Tipps dar, welche mir sehr geholfen haben, meine Beuge nach oben zu bringen.
Technik und Setup
Es hat gefühlt Jahre gedauert, bis ich fürs Beugen eine Technik gefunden habe, die für mich funktioniert. So habe ich beispielsweise im Laufe der Zeit die Ablage der Stange auf dem Rücken von Highbar zu Lowbar getauscht, den Stand meiner Füße verändert (früher breit, heute eher eng) oder die Griffbreite meiner Hände (von eng zu breit). Es bietet sich an, mit verschieden Varianten herumzuexperimentieren. Hierbei gibt es kein Richtig oder Falsch, solange du das Gewicht für dich selbst effizient bewegen kannst.
Auch mein Bewegungsablauf hat sich verändert. Zu Beginn beugte ich noch hauptsächlich aus den Quads, was aus Bodybuildingsicht auch Sinn ergibt, wenn man diese gezielt treffen möchte. Allerdings bekommt man irgendwann Probleme, hohes Gewicht zu bewegen, wenn man dieses nur mit der Oberschenkelvorderseite wegzudrücken versucht. Mittlerweile arbeite ich deutlich mehr aus der Hüfte, welche vor allem die Aufwärtsbewegung einleitet. Somit drücke ich mich gewissermaßen „nach hinten heraus“, wie unten im Video zu sehen ist. Ich nutze also neben meinen Quads vor allem die starken Muskeln des Gluteus sowie des Beinbeugers.
Atmung und Spannung
Die richtige Atmung sowie Spannung im Rumpf macht einen großen Unterschied beim Beugen. Bevor ich die Stange aus dem Rack heraushole, nehme ich einen Atemzug und halte diesen, bis ich einen Schritt gemacht habe und in Position bin. Danach nehme ich den zweiten Atemzug und spanne den Bauch an (in etwa so, als würde man gleich einen Schlag kassieren). Dabei versuche ich bewusst, meine Brust auf die Bauchmuskeln „aufzusetzen“. Die Abwärtsbewegung leite ich nicht dadurch ein, dass meine Hüfte nach hinten geht, sondern ich versuche mich mehr zwischen die Beine reinzusetzen (quasi wie auf einen Hocker).
Aufwärmen und Mobilität
Ich verfolge kein aufwendiges oder kompliziertes Warmup. Lediglich versuche ich den Po etwas vorzubelasten (z. B. durch Kettlebell-Swings) sowie die Hüfte ein wenig aufzudehnen, indem ich in einer tiefen Beugeposition verharre. Mein sonstiges Warmup erfolgt mit Aufwärmsätzen an der Übung. Hier hat jeder seine individuelle Routine. Ich versuche es wie gesagt, so simpel wie möglich zu halten.
Trainingssystem
Momentan squatte ich einmal die Woche, was bei mir schlicht den Grund hat, dass mein Unterkörper sich im Verhältnis zum Oberkörper stärker entwickelt und ich deshalb nur einen Beintag brauche. Abgesehen davon hält der Beinmuskelkater teilweise fünf bis sieben Tage an, was einen zweiten Legday nahezu unmöglich macht.
Beim Kniebeugen gehe ich nie unter vier saubere Arbeitssätze. Dabei halte mich allerdings selten an fixe Wiederholungszahlen, sondern versuche, jeden Wiederholungsbereich abzudecken. Sowohl Sätze mit 10+ Wiederholungen als auch schwere Sätze mit nur 1–3 Wiederholungen sind bei mir fast in jedem Training enthalten. Ich gehe dort aber sehr oft nach Körpergefühl und Tagesform. Mal ist mir nach schweren Sätzen und mal nach vielen Wiederholungen. Genau lege ich mich dort selten fest. Ein permanentes Training mit „Wohlfühlgewichten“ und vielen Wiederholungen wird dir allerdings wenig helfen, wenn du mehr Beugen möchtest. Denn der Körper muss lernen, was es heißt, schweres Gewicht auf dem Rücken liegen zu haben.
Mir ist vor allem wichtig, den Muskel maximal zu reizen und Grenzen auszuloten. Viele verschiedene Übungen nutze ich hierfür nicht. Teileweise reichen mir im Beintraining zwei Grundübungen sowie ein bis zwei Isolationsübungen vollkommen aus, wenn ich sie mit entsprechender Intensität ausführe.
Assistenzübungen
Sehr oft machen Trainierende Assistenzübungen mit Fokus auf den Po oder der Oberschenkelmuskulatur, um mehr zu beugen. Auch hier halte ich es persönlich gerne simpel. Für mich gibt es keine spezifische Übung, die man machen „muss“, um in der Beuge stärker zu werden. Allerdings habe ich gute Erfahrungen gemacht, zusätzliche Drückübungen in mein Training einzubauen, bei denen man möglichst tief kommt und die Quads isolierter beansprucht (z. B. Hackenschmidt oder Kniebeugen an der Multipresse). Vor allem die Hackenschmidt mache ich meist als zweite Übung nach der klassischen Kniebeuge und arbeite hier mit Reduktionssätzen bis zum Muskelversagen. Für mich ist es wichtig, einen Punkt beim Beintraining zu erreichen, an dem nichts mehr geht, um Wachstum zu stimulieren.
Grinden
Wenn man mit scheren Gewichten hantiert, wird es zwangsläufig vorkommen, dass sich die Hantel langsamer nach Oben bewegt, je mehr das Gewicht steigt. Einige Sätze werden so schwer sein, dass die Hantel teilweise wie in Zeitlupe nach oben geht. Dieses Gefühl, von hohem Gewicht erdrückt zu werden, ist zwar eher unschön, aber absolut unumgänglich, um besser in der Beuge zu werden. Wichtig ist, dass man dem Reflex, nachzugeben und das Gewicht fallenzulassen, nicht sofort nachgibt, sondern lernt, sich über diesen Punkt hinüberzukäpfen (auch Grinden genannt).
Du weißt nie, was in dir steckt, bis du es nicht probierst. Mit der Langhantel auf dem Rücken fühlt es sich immer schwer an. Jedoch spätestens, wenn man einmal seine eigenen Lifts per Video betrachtet, merkt man erst, dass deutlich mehr drin war, als man dachte, wo man unter der Stange stand. Der Kopf spielt einem in diesem Moment einen Streich, doch es gilt, einen noch größeren Willen zu haben.
Fokus
Es ist schade, dass man diesen Punkt immer extra erwähnen muss, aber Konzentration und Fokus vor den Sätzen ist extrem wichtig. Viele daddeln am Handy herum, reden permanent oder sind mit dem Kopf ganz woanders. Geübte Sportler schaffen es hingegen, sich in einen Tunnel zu begeben, was beinhaltet, dass man voll bei der Sache ist und zumindest für einen Moment außer vielleicht der eigenen Musik keinerlei Ablenkung duldet. Mit der Zeit entwickelt jeder dabei eigene Routinen und Rituale. Ich persönlich habe mir angewöhnt, vor einem schweren Satz ein kurzes Gebet bei mir zu sprechen (meist ein Bibelpsalm). Das beruhigt meinen Kopf, gibt mir Vertrauen und lässt mich fokussieren.
Essen
Natürlich muss erwähnt werden, dass mit zunehmendem Körpergewicht auch die Lifts zu einem gewissen Teil nach oben gehen. Es bringt allerdings nichts, sinnlos fett zu werden. Ich achte immer darauf, meine Kalorien hauptsächlich über Kohlenhydrate (im Aufbau vor allem Nudeln und Haferflocken) sowie Proteine zu decken. Fette kommen nur in Maßen zum Einsatz.
Equipment
Equipment im Kraftsport ist immer optional. „Brauchen“ tut man zwangsläufig nichts. Man wird es auch schaffen, ohne Equipment stark zu werden. Es ist weiterhin kein Ersatz für eine schlechte Übungsausführung oder für schwache Muskelgruppen. Einen teuren Ledergürtel zu tragen, um wichtig auszusehen, nur um dann mit bunten Gewichtheberschuhen 60 Kilo zu beugen, sollte man sich sparen (außer man möchte im Gym ausgelacht werden). Equipment ergibt dann Sinn, wenn man schon gut Gewicht bewegt und bereit ist, den nächsten Schritt zu gehen. Weiterhin nutze ich das Equipment nur für die schweren Arbeitssätze. Beim Beugen sind für mich drei Dinge wichtig, mit denen ich sehr gute Erfahrungen gemacht habe:
1 – Gürtel
2 – Kniebandagen
3 – Gewichtheberschuhe
Nothing is like Squats
Jeder kann Kniebeugen. Die richtige Technik für sich selbst zu finden, ist ein Prozess und kann einige Zeit dauern. Man kann zwar auch die Beinpresse mit unzähligen Platten beladen, nur um dann halbe Wiederholungen zu machen und auf Instagram mit einem neuen PR zu pahlen (wen interessiert schon ein PR an der Beinpresse), jedoch drei Platten pro Seite soldie beugen zu können, ist wesentlich beeindruckender. Es lohnt sich also, Zeit und Fleiß in seine Kniebeuge zu investieren!